Schweizer Städte führen immer mehr Regulierungen ein. Damit hemmen die Städte ihre wirtschaftliche Attraktionskraft. Firmen wie Talente weichen vermehrt auf so genannte "Second Tier Cities" aus: Agglomerationsgemeinden und Regionalzentren werden vermehrt zum Hotspot.
Links-grün regierte Städte in der Schweiz treffen immer mehr politische Entscheidungen, welche Entscheidungsträger für Direktinvestitionen zur Prüfung von Alternativstandorten veranlassen. Hemmende Mehrwertabschöpfung und starre Nutzungsvorgaben bei Verdichtungsprojekten, flächendeckende Tieftempozonen auf Hauptachsen mit Erreichbarkeitsverlust über alle Verkehrsträger, sonstige ergänzende Hemmnisse (Stadtklima, Lärmschutz, Denkmalpflege): die Summe der Einschränkungen ritzen die Anziehungskraft der pulsierenden Städte. Planungs- und Bewilligungsverfahren werden aufwändiger, das Risiko eines Scheiterns und der damit verbundene Zeitbedarf immer höher.
Verbreitete Wachstumsmüdigkeit
In vielen Städten hat sich in Ergänzung dazu eine ausgesprochene Wachstumsmüdigkeit entfaltet, verbunden mit einer ausgewachsenen Wachstumskritik. Städte kommen damit ihrer Verdichtungsaufgabe und ihrer Vorbildfunktion als Entwicklungstreiber für das Umland immer weniger nach. Eine hochsensible Öffentlichkeit ritzt zudem die Wirtschaftsfreiheit in immer mehr Bereichen, engt den Diskurs radikal ein und verhindert damit letztendlich die Freiheit der Gedanken, Ideen und damit auch Innovation. Während sich die Städte also immer mehr beruhigen, einschränken oder verlangsamen wollen, bieten Agglomerationsgemeinden und Regionalzentren weiterhin Agilität und die gesuchten Freiheiten zur Entfaltung. Da Standortentscheidungen bei Unternehmen für Ausbau- und Wachstumsprojekte innert drei bis sechs Monate gefällt werden, können Städte diese Pace oft nicht mehr mitgehen.
Gegentrend zur Urbanisierung
In der Summe führen die Einschränkungen der Städte zu Ausweichbewegungen ins Umland. Immer mehr Arbeitgeber und Investoren entwickeln eine Präferenz für Agglomerationsgemeinden und Regionalzentren entlang der Hauptverkehrsachsen. Diese sind meist ausreichend nah gelegen an den Städten mit ihren Zentrumsfunktionen (Kultur, Verwaltung, Bildung), gewähren aber höhere Freiheiten bei den Rahmenbedingungen und deutliche Kostenvorteile. Auch die COVID-19-Pandemie hat die Gewichtsverteilung verändert. Zweitrangige Städte (so genannte "Second Tier Cities") geraten plötzlich ins Scheinwerferlicht. Da Menschen durch neue Arbeitsformen nicht mehr tagtäglich an die Büros der Hauptzentren gebunden sind und mehr Wert und Platz suchen, wechseln sie aus den Städten in erschwinglichere, weniger dicht besiedelte Agglomerationsräume und Regionalzentren. Oft bieten diese Gemeinden sogar die Vielfalt der Hauptstädte in kleinerem Massstab mit einem regen Kultur- und Freizeitangebot und persönlicher Nähe. Gelingt es diesen Räumen, attraktive Kombinationen aus Wohn- und Arbeitsangebot zu schaffen, können sie zu Scharnieren zwischen Metropolitanräumen werden.
Agglomerationsgemeinden als Scharniere
Agglomerationsgemeinden und Regionalzentren funktionieren gerade deshalb immer stärker als Scharnier zwischen den Hauptstädten und dem ländlichen Raum. Sie beherbergen grosse Verkehrsknotenpunkte und bieten Platz für Gewerbe, Industrie und immer häufiger auch wissensbasierte Dienstleistungsfunktionen. Zudem sind sie noch nicht zu Ende gebaut und haben entsprechend räumliches Potenzial. Arealentwicklungen bei solchen Verkehrsknoten helfen, das Potential dieser Räume noch gezielter freizulegen. Sie sind damit keine vollkommene Konkurrenz für die Städte, aber eine attraktive Ausweichoption für überbordende Regulierungen.
Links:
Städteverband - Agglomerationen: Die Städte der Zukunft brauchen mehr Beachtung (Link)
Gensler: The rise of the second tier cities (Link)
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