Das eidgenössische Parlament hat in der Juni-Session die Reform der Unternehmensbesteuerung gutgeheissen. Im Kern geht es um die Frage, ob das Land weiterhin eine attraktive Steuerpolitik für international mobile Unternehmen und damit eine attraktive Standortpolitik aufrecht erhalten will. Die Unsicherheiten nach dem Volks-Ja zur Einwanderungsinitiative und der Franken-Schock haben den Wirtschaftsstandort bereits erheblich belastet. Die von der Linken bereits angedrohte Referendumsabstimmung zur Steuerreform wird für internationale Firmen einen bedeutenden Fingerzeig darstellen, ob die Schweizer Bevölkerung nach wie vor für einen auch im Steuerbereich international kompetitiven Standort einsteht.
Einen umfassenden Überblick zum Thema bietet Hansueli Schöchli von der NZZ in seinem Artikel "Was Stimmbürger wissen müssen" (http://www.nzz.ch/wirtschaft/reform-der-firmensteuern-was-der-stimmbuerger-wissen-muss-ld.89962)
Bedeutung des steuerlichen Sonderstatus
Aufgrund des internationalen Drucks muss die Schweiz Steuerprivilegien für etwa 24'000 Firmen abschaffen, die zusammen rund 150'000 Personen beschäftigen. Diese Firmen hatten bisher einen steuerlichen Sonderstatus: Holdings, Domizilgesellschaften und gemischte Gesellschaften in den Kantonen, Prinzipalgesellschaften und Finanzbetriebsstätten beim Bund. Diese Gruppe umfasste Rohstofffirmen in Genf und Zug, Patentverwertungseinheiten von Schweizer Grossunternehmen bis hin zu Finanzierungsgesellschaften ausländischer Konzerne. Durch den Sonderstatus wurden international mobile Erträge wie etwa Zinserträge aus konzerninternen Darlehen, Lizenzerträge, gewisse Handelserträge und Erträge aus konzerninternen Dienstleistungen vor allem in den Kantonen sehr tief belastet. Die Gesamtbesteuerung der Gewinne inklusive Bund belief sich so auf 8% bis 11%. Für wenige Firmen, die beim Bund und im Kanton einen steuerlichen Sonderstatus hatten, waren auch Belastungen von nur 3% bis 7% möglich. Die bisher privilegierten Firmen bringen dem Bund jährlich Steuererträge von gut 4 Mrd. Fr. und damit etwa die Hälfte aller Bundeseinnahmen aus Gewinnsteuern. Rechnet man die Erträge für die Kantone sowie die Steuern der Angestellten der Firmen hinzu, geht es um schätzungsweise 7 bis 8 Mrd. Fr. pro Jahr.
Ohne Ersatzmassnahmen Wegzüge möglich
Ohne Ersatzmassnahmen dürften viele der privilegierten Firmen und Tätigkeiten mittelfristig abwandern. Zudem bremst dies künftige Zuzüge. Vier Massnahmen als Ersatz für den Wegfall der bisherigen Steuerprivilegien stehen im Vordergrund:
Erträge aus geistigem Eigentum werden künftig in den Kantonen reduziert besteuert (Patentbox).
Die Kantone erhalten die Möglichkeit, bei inländischem Forschungsaufwand von Firmen nicht mehr nur 100% der Kosten, sondern bis zu 150% als Geschäftsaufwand anzurechnen.
Firmen können künftig kalkulatorische Zinsen auf ihrem «überschüssigen» Eigenkapital abziehen. Dies gilt sicher für die Bundessteuer. Die Kantone dürfen dieses Instrument einführen, wenn sie im Gegenzug die Dividenden auf grossen Beteiligungen mindestens zu 60% dem regulären Einkommenssteuersatz unterstellen
Der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer steigt von 17% auf 21,2%. Insgesamt liefert der Bund pro Jahr 1 bis 1,1 Mrd. Fr. mehr an die Kantone ab. Dies soll den Kantonen Spielraum für allgemeine Steuersenkungen geben.
Der Kanton Waadt, in dem relativ viele der bisher privilegierten Firmen beheimatet sind, hat jüngst als Pionier eine massive Steuersenkung vor dem Volk klar durchgebracht. Damit sind nun auch die weiteren Kantone gefordert. Jeder Kanton muss seine eigenen Antworten finden, wo er sich künftig bei einer Inkraftsetzung der Unternehmenssteuerreform positionieren will.
Einen umfassenden Überblick zum Thema bietet Hansueli Schöchli von der NZZ in seinem Artikel "Was Stimmbürger wissen müssen" (http://www.nzz.ch/wirtschaft/reform-der-firmensteuern-was-der-stimmbuerger-wissen-muss-ld.89962)