In der Latenzphase wird das volle Potential einer Industrie- oder Gewerbebrache nicht abgerufen. Gründe dafür können der fehlende Wille der Eigentümer für Veränderungen, prohibite Auflagen durch Behörden, langfristige Mietverhältnisse oder etwa die Gefahr von Einsprachen durch Verbände sein. Im Kern besteht eine Informations-Asymetrie zwischen den Chancen eines Standorts im Verhältnis zu den mit einer Veränderung verbundenen Risiken. Es gibt erfolgreiche Instrumente und Verfahren, welche dazu beitragen können, die Kluft zwischen Chancen und Unwissenheit zu verringern und damit eine Latenzphase an einem Standort erfolgreich zu überwinden.
Wissensaustausch und Sensibilisierung
Das Wissen und Bewusstsein um das Thema der Integralen Arealentwicklung als Verbundaufgabe zwischen Eigentümern, Fachspezialisten und Behörden ist in der Schweiz nach wie vor wenig ausgeprägt. Mittels Wissensaustausch und Sensibilisierung können sowohl Behörden wie auch Eigentümer und Immobilienspezialisten mit den Lösungsansätzen bei Integralen Arealentwicklungen vertraut gemacht werden. Es fehlen jedoch regelmässige Informationsgefässe, welche Eigentümern aufzeigen, wie komplexe Prozesse bei Umnutzungen erfolgreich koordiniert werden können.
Private Koordinatoren
Der Einsatz von privaten Koordinatoren kann sich lohnen. Diese haben keine wirtschaftlichen Interessen am spezifischen Standort, verfügen über ein Netzwerk zu Behörden und Immobilienspezialisten und haben Mediationen bereits erfolgreich durchgeführt. Solche Koordinatoren sind nach Aufwand entschädigt und führen im Auftrag einer Gemeinde, des Kantons oder der Eigentümer gezielte Pendelgespräche, um zwischen den Akteuren eines Standorts zu vermitteln, deren Positionen abzutasten, Verständigungsgespräche zu führen und sich so Kenntnis von der Sachlage zu verschaffen. In Runden Tischen wird sichergestellt, dass die Latenzphase überwunden und ein Standort in die Zielfindungsphase geführt werden kann.
Koordinatoren/Coaches aus Verwaltung
Ähnlich wie die neutralen Koordinatoren können Coaches auch in den Abteilungen der Wirtschaftsförderung oder Raumentwicklung integriert werden. Diese Einbindung in die Verwaltung hat den Vorteil, dass die Coaches über einen eigenen gesetzlichen Auftrag verfügen, Entwicklungen zu ermöglichen (Leistungsverwaltung) und entsprechend auch innerhalb der Verwaltung Priorisierungen zu erwirken. Nachteil solcher Lösungen ist, dass sich solche Coaches und Koordinatoren mit der Zeit in den verwaltungsinternen Abläufen abnützen können und dadurch an Dynamik einbüssen.
Runder Tisch
Ist das Eis für den Dialog gebrochen, so kann an einem Runden Tisch der Dialog geführt werden. Der Kreis der Eingeladenen sollte nicht zu gross sein, da sonst die Gefahr besteht, dass sich die Diskussion verzettelt, andererseits ist es von Bedeutung, dass die offiziellen Vertreter der wichtigen Akteure und Anspruchsgruppen anwesend sind und damit auch signalisieren, dass sie an einer Lösungsfindung interessiert sind. Idealerweise setzt sich eine erste Gesprächsrunde im Kern aus Eigentümern (bei Gemeinschaften durch offiziellen Beauftragten vertreten), Gemeinde (Gemeindepräsidium (oder Bauvorstand) und Bauamt), Kanton (Raumplanung, Wirtschaftsförderung), externe Experten (Developer, Planer, Architekten, Makler) sowie weitere Fachämter.
Zentrale Fragen klären
Idealerweise werden an einem Runden Tisch drei wichtige Themen geklärt:
Welche Ziele sollen mit einer Arealentwicklung verfolgt werden? Welche Nutzungen möchte man auf dem Areal realisieren?
Welcher Perimeter soll betrachtet werden? Welche Parzellen und Gebiete sind für die Arealentwicklung relevant?
Wie ist die Projektorganisation ausgestaltet? Welche Rollen und Aufgaben fallen an? Wer finanziert welche Arbeiten?
Oftmals wollen sich die Akteure und Parteien bei einem ersten Runden Tisch noch nicht verbindlich äussern, da sie Lösungsansätze und Entscheide in weiteren Organen (Verwaltungsrat, Geschäftsleitung, Gemeinderat, Vorgesetzte, Erbengemeinschaft etc.) diskutieren und absegnen lassen wollen. Dennoch sind nach einem Runden Tisch kurzfristige und verbindliche Deadlines zu setzen, während denen sich die Akteure zu einer Integralen Arealentwicklung verpflichten können, damit die Dynamik im Prozess hoch bleibt.
Zum Autor
Von 2011 bis 2016 leitete Remo Daguati die Promotion des Wirtschaftsstandorts Schweiz im Ausland. 2015 unterstützte sein Team die grösste Ansiedlung der Schweizer Wirtschaftsgeschichte im Luterbach. In Kooperation mit Swiss Circle förderte er die weltweite Promotion von Schlüsselstandorten der Schweizer Immobilienwirtschaft. Seit 2016 ist Remo Daguati als unabhängiger Berater tätig. Er unterstützt Eigentümer und Behörden, die Latenzphase an einem Standort zu überwinden und ist spezialisiert auf die Sektor- und Technologiepositionierung sowie Vermarktung von Arealen.